Arbeitsrecht: „Busengrapschen“ ist ein Grund zur fristlosen Kündigung. Aber nicht immer…

BAG, Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 651/13

Busengrapschen im Arbeitsrecht: In dem kürzlich durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall (Urteil vom 20.11.2014, 2 AZR 651/13) traf ein Kfz-Mechaniker im Umkleidebereich seiner Firma auf die (weibliche) Reinigungskraft eines externen Unternehmens. Im Verlauf einer Unterhaltung zwischen den beiden wusch sich der Kfz-Mechaniker am Waschbecken. Die Reinigungskraft stellte sich neben ihn in die Nähe des Waschbeckens. Dann sagte der Mechaniker zu ihr, sie habe einen schönen Busen. Anschließend berührte er die Frau an einer Brust. Die betroffene Dame erklärte dem Mann, dass sie dies nicht wünsche. Daraufhin ließ er sofort von ihr ab, zog sich um und verließ den Umkleidebereich. Die Frau arbeitete weiter und beschwerte sich bei ihrem Arbeitgeber, der wiederum den Arbeitgeber des Kfz-Mechanikers informierte. Einige Tage später lud der Arbeitgeber den Kfz-Mechaniker zum Personalgespräch und konfrontierte ihn mit den Vorwürfen der sexuellen Belästigung der Reinigungskraft. Der Mechaniker gestand den Vorfall ein und sagte, er habe sich einen Augenblick vergessen und die Sache sei ihm furchtbar peinlich und tue ihm furchtbar leid. Derartiges werde nicht wieder vorkommen.

Dennoch kündigte der Arbeitgeber dem Mann am selben Tage fristlos.

Später entschuldigte sich der Mechaniker noch bei der Frau, die die Entschuldigung annahm. Er führte dann freiwillig einen sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich durch und zahlte der Frau ein Schmerzensgeld.

Im gerichtlichen Verfahren gegen seine fristlose Kündigung führte er an, er habe für einen Augenblick gedacht, die Frau flirte mit ihm. Dann sei es zu einer Art „Blackout“ gekommen und er habe sich zu der für ihn im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbaren Handlung hinreißen lassen.

Das Landesarbeitsgericht und auch das Bundesarbeitsgericht haben zunächst klargestellt, dass hier durch das Busengrapschen im Arbeitsrecht eine sexuelle Belästigung vorliegt, die gemäß § 3 Abs. 4 AGG nach § 7 Abs. 3 AGG eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt  und somit „an sich“ als wichtiger Kündigungsgrund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB geeignet ist. Es habe sich hier sogar um zwei sexuelle Belästigungen mit steigender Tendenz gehandelt. Ob eine solche Pflichtverletzung auch im Einzelfall zur fristlosen Kündigung berechtigt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Es müsse abgewogen werden zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Interesse des Arbeitnehmers an dem Fortbestand. Der Arbeitgeber habe ein gewisses Ermessen, was die Auswahl der Handlungsmittel betreffe. Er müsse allerdings eine Wiederholung unterbinden. Besonderes Augenmerk ist nach der Entscheidung deshalb auf die Frage zu richten, ob eine Wiederholungsgefahr besteht. Im vorliegenden Fall bestand eine solche nach Ansicht der Richter nicht. Der Täter war zuvor niemals durch einschlägiges Fehlverhalten aufgefallen. Er hatte den Fehler eingeräumt, obwohl keine Zeugen zugegen waren und habe durch sein sofortiges Ablassen von der Frau und sein Nachtatverhalten deutlich gemacht, dass er sich nur durch eine einmalige Fehleinschätzung zu seinem Verhalten habe hinreißen lassen. Es sei nicht anzunehmen, dass dem Arbeitnehmer eine solche Fehleinschätzung noch einmal vorkomme und er dann in gleicher Weise handele. Auch wiege das Fehlverhalten nicht so schwer, dass schon von Vornherein klar sei, dass eine Abmahnung entbehrlich sei. Im Ergebnis kommt das Gericht zu dem Schluss, dass vorliegend eine Abmahnung ausgereicht hätte, die Wiederholung eines solchen Vorfalls zu verhindern. Die fristlose Kündigung war danach unverhältnismäßig und damit unwirksam.

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